Bläserphilharmonie erntet mit Klängen aus dem Jenseits viel Applaus
Aus der ursprünglichen Idee der Wertinger Shoppingnacht bei Kerzenschein ist vor Jahren die Idee eines Candlelight Concerts der Stadtkapelle entstanden. Auch wenn sich das Motto der Shoppingnacht inzwischen in eine andere Richtung entwickelt hat, so ist die Bläserphilharmonie ihrem Motto treu geblieben. Und dass sich dies rumgesprochen und inzwischen eingebürgert hat, dafür spricht der große Zuhöreransturm.
Als Gast hat sich der Dirigent der Bläserphilharmonie Tobias Schmid den jungen Organisten und Studenten der Kirchenmusik Julian Beutmiller aus Lauterbach eingeladen. Der ehemalige Schüler der Musikschule hat in all den Jahren den Kontakt aufrecht erhalten und immer wieder die Konzerte der Bläserphilharmonie als Pianist bereichert. Seit seinem Studium in Regensburg hat er sich zu einem virtuosen Künstler entwickelt, der mit eigenwilligen Registrierungen und Sätzen der Wertinger Orgel ganz neue Töne zu entlocken vermag. Mal atonal, mal romantisch oder gar an moderne Jazzharmonik angelehnt, begleitet er Bläsersätze oder improvisiert über bekannte Choräle. Mit der Toccata in G-Dur von Theodore Dubois, der Orgelsonate Nr. 1 in c-moll von Josef Rheinberger oder der zeitgenössischen Komposition „Momenti d’organo von Petr Eben hat Julien Beutmiller Werke mitgebracht, die ein breites Spektrum von der Romantik bis zur Moderne abdeckte.
Mit der „Kirchlichen Festovertüre“ von Otto Nicolai eröffnete Tobias Schmid mit seinen 50 Musikerinnen und Musikern das Konzert in der voll besetzten Stadtpfarrkirche. Ein Choral am Anfang deutete an, was sich als roten Faden durch den Abend ziehen sollte. Vertonte, bearbeitete Fassungen berühmter Choräle, Lieder und Volkslieder. So war es mal der Choral „Eine feste Burg ist unser Gott“ oder „Abend wird es sicher“ und „Der Mond ist aufgegangen“ in dem Werk „Abendmond“ Thiemo Kraas, welcher durch alle Register und Klangfarben des modernen Blasorchesters geführt und verarbeitet wurde. Am außergewöhnlichsten war sicher die zeitgenössische Komposition aus dem Jahr 2014 des anwesenden Hubert Hoche. In „Back from the other side“ setzt er zahlreiche moderne Spielmethoden und Effekte ein. Ohne Ton, nur mit Lufthauch, ohne feste Tonhöhe oder Rhythmus, setzen die Musiker aleatorisch ein. Schlagzeuger streichen mit dem Bogen an den Platten des Xylophons oder lassen Effekte wie scheinbar zufällig an- und abschwellen, ehe sich aus Klangfetzen der Choral „Nun danket alle Gott“ im grandiosen Finale herauskristallisiert.
Spektakulär und triumphierend kommt das Werk „Godspeed“ von Stephen Mellilo daher und beeindruckt mit einem virtuosen und kaleidoskopischen Klangbild. Es wird von einem stillen Gebet mit Holzbläsersoli unterbrochen und endet schließlich mit der Kraft und Hoffnung, welche schon der Beginn ausgestrahlt hat. Ebenso wie „Godspeed“ ist auch „Lexikon of the Gods“ von Rossano Gallante dem Höchststufenorchester der Stadtkapelle auf den Leib komponiert. In dem dreisätzigen Werk, welches die römischen Götter, wie Perseus, Zeus und Penthos thematisiert, können die vielseitigen Bläser und Schlagzeuger all ihre Klangfarbe, ihre Leidenschaft für Rhythmus und großen orchestralen Klang und Gespür für richtiges Timing für Emotionen, ausleben.
Wie schon in den Jahren zuvor, war auch dieses Candlelight Concert ganz nach dem Geschmack der Musiker und vor allem des Publikums, welches erst nach zwei Zugaben in die Wertinger Nacht zum Feiern entlassen wurde.